Das Gute am Ü-50-Sein ist, dass man Bands wie VoiVod schon 40 Jahre lang kennt. Auch wenn den Kanadiern der ganz große Erfolg versagt blieb: VoiVod zählen zu den Genre-Größen, die gerade von Musikern hoch geschätzt werden – weil es dieser Gruppe immer wieder gelungen ist, nicht nur in den Grenzen eines Genres neue Musik zu schreiben, sondern die Grenzen zu verschieben und neue Genres zu definieren. Sie mixen Metal/Speed Metal mit einer Prise Industrial, lassen gerne etwas Punk aufblitzen und erfanden noch diese besondere VoiVod-Substanz, aus der ihr ureigener Sound entstand. Waren die ersten beiden Alben noch recht wüst und rau, bekamen die Longplayer ab „Killing Technology“ (1987) geradezu wegweisenden Charakter mit völlig eigenständigem Songwriting.
Zu VoiVod gehört auch der – VoiVod, die zentrale Figur der Space-Stories, die ebenso von Anfang an zur Band gehört. Auch das Cover-Artwork hat eine ganz eigene Seite und stammt stets von Drummer Michel „Away“ Langevin. Zudem gibt es eine enge Beziehung nach Deutschland: Neben „Klilling…“ wurde auch „Dimension Hatröss“ (1988) bei Noise vertreiben und in Berlin aufgenommen. Und als der Grunge-Hype losging und Bands wie Nirvana die Charts stürmten, blieben VoiVod ihren Ursprüngen treu und veröffentlichten weiter VoiVod-Alben – von 2001 bis 2008 übrigens mit Jason Newsted am Bass, der von Metallica kam.
Rund 25 Jahre lang bestimmte vor allem Dennis „Piggy“ D’Amour die musikalische Richtung, doch auch nach seinem frühen Tod 2005 blieben VoiVod ihrem innovativen Stil treu. Mit „Morgöth Tales“ gibt es jetzt zum 40. Bandjubiläum eine Art Best-of-Album aus der „Piggy-Phase“, das einen sehr guten Querschnitt über diese Schaffensphasen gibt. Es ist aber nicht einfach eine Zusammenstellung alter Songs, sondern es sind Neuaufnahmen, dazu ein ganz neuer Song plus ein P.I.L.-Cover.
Das läuft dann so: Los geht’s mit dem ersten VoiVod-Song überhaupt, „Condemned To The Gallows„. Das erste Lebenszeichen erschien dann auch nicht als Single, sondern als Beitrag auf dem „Metal Massacre V“-Sampler und ist eine Rock-Metal-Song mit Wurzeln bei Motörhead.
Der nächste Track, „Thrashing Rage“ vom zweiten VoiVod-Album „Rrröööaaarrr“, liefert bereits ein Ahnung der Komplexität der kommenden Musik. Gerade bei diesem Song hat sich die Neuaufnahme gelohnt, sie ist sauberer produziert als das Original von 1986.
Mit „Killing Technology“ (1987) hatten VoiVod dann ihren Stil gefunden. Die Sci-Fi-Cyber-Story wurde deutlich herausgearbeitet, die Vocals bekamen ihre typische Verfremdung, die Gitarrenläufe von Piggy erzählten nahezu ein eigenes Kapitel. Die skizzierte Vision scheint mittlerweile nicht mehr allzu fern: Maschinen, die sich selbst erschaffen, Wesen, die zu Maschinen werden …
Mit „Dimension Hatröss“ setzten VoiVod 1988 auf noch ausgefeiltere, komplexe Riffs, hielten die Härte dabei unvermindert hoch. „Macrosolutions To Megaproblems“ ist davon ein gutes Zeugnis.
1989 traten VoiVod auf die Bremse, nahmen die Härte zurück – und klangen trotzdem weiter wie VoiVod. „Nothingface“ läutete eine Phase ein, in der weiter sehr komplexe Songs entstanden, die aber schon fast als Indie-Rock durchgehen könnten, wäre da nicht dieser VoiVod-Vibe, der das Schubladen-Denken so schwer werden lässt. Von diesem Album ist „Pre-Ignition“ in der Compilation.
Das setzte sich auf „Angel Rat“ (1991) fort. „Nuage Fractal„, ein geradezu sanfter Song.
1993 folgte „The Outer Limits“ als Schlusspunkt der softeren Phase. Fix My Heart rockt geradeaus und schnörkellos nach vorne.
Zwei Jahre später kehrten VoiVod zu ihren Wurzeln zurück. „Negatron“ (1995) klingt wie die logische Fortsetzung von „Dimension Hatröss“ und mit „Phobos“ setzte sich diese Entwicklung 1997 fort. Von diesem Album ist „Rise“ zu hören. Eric Forrest, von 1994 bis 2001 als Bassist Teil der Band, hat hier den Gesang übernommen und so einen weiteren Mosaikstein VoiVod-Geschichte hinzugefügt.
2003 erschien dann das Album „VoiVod“ und für die neue Version von „Rebel Robot“ ist sogar Jason Newsted nach langer Pause einmal wieder auf einem Song zu hören. Allein das wird der Band gut tun, sollten doch hier nun auch alle Metallica-Maniacs neugierig werden.
Schlusspunkt ist der Titeltrack, Morgöth Tales. Ein tolles Finale: Der neue Song ist der perfekte Cocktail mit allen VoiVod-Ingredienzen: Songwriting von einem anderen Stern, Gitarrenriffs, harte und softe Passagen (die genau die ganze VoiVod-Zeit widerspiegeln), rotzige Vocals, … Wer VoiVod noch gar nicht kennt, sollte mit diesem Song anfangen.
Mit „Home“ kommt noch etwas überraschend ein PIL-Cover hinzu, das sich nicht so ganz in den Zyklus einfügt. Aber als Bonus-Track passt das schon!
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