„Soulfly“ gehören schon lange zum Metalkulturerbe. Vor 28 Jahren und somit im Jahr 1997 von Max Cavalera ins Leben gerufen, ist diese Band der Inbegriff eine Formation die sich stetig weitereintwickelt und doch den Spagat schafft, sich trotzdem treu zu bleiben. Was 1998 mit dem selbstitelten Debütalbum begann und in epischen Werken wie „Primitive“ (2000) „3″ (2002) und „Prophecy“ (2004) an Fahrt aufnahm, gipfelte 2022 im dem Album „Totem“ und ist drei Jahre später mit „Chaka“ in seinem bisherigen Höhepunkt angelangt. Veröffentlicht selbstverständlich über das Label Nuclear Blast Records. Was die Scheibe kann, das stellen wir nun auf den Prüfstand.
Kontext & Einordnung
Die neue Soulfly-Scheibe wirkt wie ein Brennglas auf alles, was diese Band seit jeher stark macht: griffige Grooves, unnachgiebige Riffs, rauer Stimmtimbre und ein untrügliches Gespür für Hooks, die inmitten des Sturms zünden. Statt Retro-Nostalgie setzt das Album auf unmittelbare Körperlichkeit und eine kompromisslose Kürze der Songs: wenig Ballast, viel Punch. Das Ergebnis: ein zeitloser, straßentauglicher Sound, der sich gleichermaßen im Club und auf der Festival-Hauptbühne wohlfühlt und prächtig auch auf ganz persönlichen Hörsituationen, auf der Anlage oder über Kopfhörer, Zuhause oder Unterwegs, bestens funktioniert.
Sound & Produktion: Körnig, direkt, ohne Airbrush
Gitarren und Bass liegen schwer in der Magengegend, der Ton ist trocken, griffig und bewusst unpoliert, mit Industrial Elementen individualisiert. Kein unnötiger Studio-Glanz, sondern ein kantiger, atemender Live-Charakter. Die Riffs sprechen in klaren, harten Silben; kurze, gezackte Motive wechseln mit längeren, treibenden Patterns. Dezent eingesetzte Layer und Feedback-Schleier sorgen für Spannungsbögen, ohne die rohe Energie zu verwässern.
Tempo & Dynamik: Das brachiale Drumming als Taktgeber
Das Schlagzeug ist der Motor, nicht bloß Begleitung. Peitschende Two-Step-Grooves, punktgenaue Double-Bass-Anschübe und abrupt gezogene Handbremsen formen eine Dramaturgie, die jeden Break setzt, als wäre er handgemeißelt. Kurze Ausbrüche Richtung Hardcore/Grind blitzen auf, werden aber immer wieder von diesen schwerfälligen, fast doomigen Downbeats eingefangen, die die Luft aus dem Raum ziehen. Gerade die Stille zwischen den Schlägen ist hier eine Waffe: Spannungsaufbau statt Dauerfeuer.
Songwriting & Saitenarbeit: Kompositorische Höchstleistung ohne Selbstzweck
Das Riffing steht stets im Dienst des Songs. Statt bloßer Kraftmeierei entfaltet sich eine klare Architektur: Ein prägnanter Hook-Riff, der sofort packt; Kontrastfiguren im Pre-Chorus, die das Momentum verschieben; ein Refrain, der rhythmisch markant betont wird – gern mit „Call-and-Response“ zwischen Gitarre und Drums. Die Lead-Gitarre agiert wie ein Brenner: kurze, funkenstiebende Licks, gezielte Slides, gelegentliche Tremolo-Spitzen. Virtuos, aber nie eitler Selbstzweck. Man hört die Fingerfertigkeit – synchrones Alternate-Picking, sauberes Palm-Muting, flüssige Lagenwechsel – doch das Entscheidende ist die Stringenz: Jeder Takt schiebt die Erzählung nach vorn.
Der Bass ist kein bloßer Schatten: oft mittig platziert, mit rauem Attack und eigenem Bewegungsdrang. In den Strophen stützt er die Rhythmik, in Übergängen setzt er Akzente, im Refrain verdoppelt er die Gitarren nicht blind, sondern knurrt dazwischen – genau das erzeugt die organische Dichte, die man bei Groove Metal hören will.
Texte & Motive: Feuer, Herkunft, Widerstand
Inhaltlich knüpft das Album an die Soulfly-DNA an: persönliche Wut trifft kollektives Gedächtnis. „Feuer“ erscheint als Leitmotiv – mal als zerstörerischer Funke, mal als reinigende Glut. Die Texte zeichnen Bilder von urbaner Härte, sozialem Druck und spiritueller Selbstvergewisserung. Zwischen den Zeilen tauchen Motive von Herkunft und Identität auf: indigene Perspektiven, Favela-Realität, die Reibung zwischen Tradition und moderner Entfremdung. Das Vokabular bleibt bewusst direkt, schlagwortartig; es arbeitet mit Parolen, Mantras und Anrufungen – eine Sprache, die im Verbund mit Riff, Groove und Timbre ihre volle Wucht entfaltet.
Interpretatorisch lassen sich drei Achsen ausmachen: (1) der Widerstand gegen äußere Systeme (politisch, sozial, religiös), (2) die Arbeit an sich selbst – die Transformation vom Zorn zur Handlung – und (3) die Rückbindung an eine größere, oft spirituelle Ordnung. Gerade diese dritte Achse verschafft dem Material Tiefe: Der Schrei ist nicht nur Ventil, er ist Ritual.
Homogenes Zusammenspiel: Die Maschine greift
Die Band wirkt wie ein verriegeltes Getriebe: Drums und Bass bilden ein massives, rhythmisches Bollwerk; die Rhythmusgitarre legt darüber ihre schweren Platten; die Lead-Gitarre fräst Kerben in die Oberfläche. Die Übergänge – Stopps, Synkopen, kurze Temposprünge – sitzen messerscharf. Dieses Maß an Tightness deutet auf Arrangements, die nicht im Rechner zusammengeklickt wurden, sondern im Proberaum gewachsen sind. Man hört Reaktionsschnelligkeit, Blickkontakte, gemeinsames Atmen – genau die Homogenität, die Groove Metal braucht, um zu funktionieren.
Flow & Dramaturgie: Kurz, hart, ohne Leerlauf
Die Platte hält die Schlagzahl hoch und die Spannungsbögen kurz. Statt epischer Monumente liefert sie konzentrierte Zündschnüre: Strophe – Haken – Aufschlag – Finish. Zwischenstücke und instrumentale Atempausen sind nicht bloß Deko, sondern Platzhalter für Texturen: Atemholen, diffuse Drones, ein kurzes, melodisches Ornament – und schon geht’s weiter. Dadurch entsteht ein Sog, der kaum Raum für Ablenkung lässt.
Vocals: Vom Kehlkopf direkt auf die Ohren
Max’ Vocals sind wie man es in bester Soulfly Manier kennt rau und körnig, aber erstaunlich artikuliert. Er variiert zwischen bellenden Shouts, pressendem Growl und rhythmischen Sprechpassagen. Wichtig: Die Phrasierung ist präzise auf den Groove abgestimmt. Silben werden gekappt, verlängert, gegen den Takt geschoben – so wird die Stimme selbst zum perkussiven Instrument. In Refrains tauchen gedoppelte Linien und kernige Gang-Shouts auf, die die Parolenwirkung der Texte verstärken.
Unsere Wertung:
➤ Songwriting: 8,5 von 10 Punkten
➤ Komposition: 9,0 von 10 Punkten
➤ Musikalische Fähigkeit: 9,0 von 10 Punkten
➤ Produktion: 8,5 von 10 Punkten
➤ Gesamtwertung: 8,8 von 10 Punkten
Unser Fazit:
Charma ist Soulfly im Arbeitsmodus: heiß, fokussiert, griffig. Das Album vereint rohe Körperlichkeit mit bedacht gesetzten Details, meißelt seine Hooks in Beton und lässt die Glut darunter weiterlodern. Kompositorisch überzeugt es durch klare Dramaturgien, starkes Motivhandwerk und eine Saitenarbeit, die Virtuosität nur dort ausstellt, wo sie dem Song dient. Das Drumming ist der eigentliche Regisseur – es lenkt, bremst, beschleunigt und verleiht jedem Riff Gewicht. Wer Groove Metal nicht als Ausruhen, sondern als Angriff versteht, findet hier reichlich Zündstoff.
Mehr zu Soulfly im Netz:
Soulfly – Die offizielle Webseite:
https://www.soulfly.com
Soulfly bei Facebook:
https://www.facebook.com/SoulflyOfficial
Soulfly bei Spotify anhören:
https://open.spotify.com/artist/6159IBm5gLPwG4BcJXseXc

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