Mit „CaliAmericana, Vol. 3 (A Compilation Inspired by the Legacy of David Crosby)” veröffentlicht Santa Barbara Records nicht nur den dritten Teil seiner liebevoll kuratierten Americana-Reihe, sondern auch ein musikalisches Denkmal an einen der sensibelsten, klangfarbenreichsten und zugleich vielschichtigsten Künstler der amerikanischen Musikgeschichte: David Crosby. Diese zehn Songs umfassende Zusammenstellung von regionalen Singer-Songwritern aus Kalifornien ist keine oberflächliche Ehrenbezeugung, sondern eine mit Hingabe und Tiefgang arrangierte Hommage – getragen von Respekt, musikalischer Reife und einer spürbaren emotionalen Verbundenheit mit Crosbys Werk.
Sanfte Stimmen, große Tiefe: Die Beiträge im Einzelnen
Schon der Opener „Eight Miles High”, interpretiert von Chris Beland und John Beland, setzt einen bemerkenswerten Ton. Die Brüder im Geiste tauchen tief ein in den psychedelischen Urstoff dieses Klassikers, wobei ihre Harmoniearbeit und die nuancierte Gitarrenbegleitung nicht nur aufhorchen lässt, sondern auch eine Brücke schlägt zwischen dem Geist der 1960er und der introspektiven Sensibilität heutiger Americana-Musiker. Ohne das Original zu entkräften, gelingt ihnen eine Version, die Intimität statt Nostalgie bietet.
Mit „Oh, Nightingale” legt Shawn Thies eine betörende Ballade vor, die sich mit samtiger Stimme und melancholischem Understatement entfaltet. Ihre Rückkehr mit „Guinnevere” gegen Ende des Albums ist ein leuchtender Höhepunkt: Mit respektvollem Abstand und doch ganz eigenem Ausdruck bringt sie die fragile Magie dieses Crosby-Stücks zum Leuchten. Ihre Stimme fließt wie ein stiller Fluss durch die komplexe Melodieführung – ein Beweis für ihre beeindruckende künstlerische Reife.
Jonathan Firey steuert mit „Dangerous Night” eine feinfühlige, von akustischer Tiefe durchzogene Nummer bei, die durch ihre ruhige, fast meditative Atmosphäre überzeugt. Später überrascht er mit „Dirty David”, einem rohen, fast ungeschliffenen Track, der sich deutlich abhebt und dennoch im Geiste des Albums funktioniert. Hier zeigt Firey eine andere Facette – eine kantigere Ehrlichkeit, die hervorragend zum Spirit David Crosbys passt, der selbst nie Scheu vor Ecken und Kanten hatte.
Zwei weitere Glanzlichter bringt Kathleen Sieck ins Spiel: „Lee Shores” wird bei ihr zu einem träumerischen Andachtsmoment, getragen von einer fast sakralen Ruhe. Ihr Gesang ist klar, konzentriert, und vermittelt dennoch Weite. Noch berührender wirkt „The Universe Knows You’re Mine”, ein Song, der über das rein Akustische hinausgeht und eine fast metaphysische Dimension berührt. Sieck gelingt es, mit feinen Mitteln eine emotionale Resonanz herzustellen, die lange nachhallt.
Energie und Einkehr: Glen Phillips und das Finale
Eine dynamische Energiezufuhr erlebt das Album mit „Velvety Jesus” von Glen Phillips. Diese Nummer pulsiert mit rhythmischer Spannung, die gleichsam verspielt wie tiefgründig wirkt. Phillips beherrscht das Wechselspiel aus Wärme und Ironie, aus Eingängigkeit und Doppeldeutigkeit – ganz im Sinne von Crosby, dessen Songs oft eine zweite, dritte Ebene in sich trugen. Mit „Music is Love” schließt Phillips das Album ab – ein gefühlvolles, fast hymnisches Stück, das den Geist der gesamten Kompilation noch einmal auf den Punkt bringt: Musik als verbindendes Element, als Trost, als Bekenntnis.
Zwischen diesen beiden Stücken kehren Chris Beland und John Beland mit „Way Beyond the Blue” zurück. Diese zweite gemeinsame Darbietung wirkt wie ein Echo auf „Eight Miles High”, jedoch intimer, erdiger. Die musikalische Chemie der beiden wird hier noch deutlicher – ihr Zusammenspiel ist geprägt von Vertrauen, Detailgenauigkeit und einer gemeinsamen Vision.
Ein Album als Tribut – Authentisch und Hingebungsvoll
Was „CaliAmericana, Vol. 3” so besonders macht, ist nicht nur die durchgehend hohe Qualität der Beiträge, sondern auch die Art und Weise, wie sie zusammenwirken. Es gibt kein Füllmaterial, keine bloßen Stilübungen. Jeder Song steht auf festen Füßen und trägt dennoch zur Gesamtwirkung des Albums bei. Die beteiligten Künstler*innen zollen David Crosby nicht durch Imitation Tribut, sondern durch Eigenständigkeit. Sie lassen sich inspirieren, nicht leiten. Dadurch wirkt dieses Album nicht museal oder rückwärtsgewandt, sondern lebendig, aktuell und tief verwurzelt in einem musikalischen Ethos, das sich durch Offenheit, Menschlichkeit und künstlerische Integrität auszeichnet.
Santa Barbara Records beweist einmal mehr ein bemerkenswertes Gespür für authentische Stimmen und stimmige Zusammenstellungen. Die Produktion ist klar, natürlich und lässt jedem Stück den Raum, den es braucht. Kein überladener Mix, keine kalkulierte Bombastik – stattdessen akustische Ehrlichkeit und ein feines Gespür für Nuancen. Dass ein Independent-Label mit solch bescheidener Infrastruktur eine so hochkarätige Compilation vorlegt, ist beachtlich – und unterstreicht, wie wichtig solche Institutionen für die musikalische Vielfalt und Tiefe abseits des Mainstreams sind.
„CaliAmericana, Vol. 3” ist ein berührendes, künstlerisch reifes und liebevoll produziertes Album, das dem musikalischen Erbe David Crosbys auf würdige Weise begegnet. Es vereint Reflexion und Frische, Erinnerung und Erneuerung. Eine Sammlung von Songs, die nicht laut auf sich aufmerksam machen will, sondern still und beständig zu Herzen geht – ganz im Sinne jenes Mannes, der stets lieber zwischen den Tönen sprach als darüber hinweg. Ein echtes Geschenk für Kenner*innen, Fans und alle, die sich von ehrlicher Musik berühren lassen möchten.